Bayern

Stadt Greding

In Blau auf goldenem Stuhl sitzend eine golden gekleideter und gekrönter Frau mit erhobener Rechte, in der Linken ein Zepter

Das Gredinger Siegel und Wappen in Vergangenheit und Gegenwart

Nahezu jedem Einwohner der Stadt und der Großgemeinde ist das Gredinger Stadtwappen von klein auf bestens bekannt und vertraut. Schon in der Grundschule lernen die Kinder und Jugendlichen die Geschichte von der „Gredl“, die in einem blauen Wappenschild auf einem gelben bzw. goldenen Thron sitzt und ein Zepter in der Hand hält. Was es jedoch mit der Entstehung und Bedeutung dieses interessanten und faszinierenden Wappens auf sich hat und welche Geheimnisse es bis heute birgt - das kann nur derjenige herausfinden, der sich auf eine spannende Reise in die Gredinger Stadtgeschichte begibt.

Die älteste Überlieferung eines Gredinger Stadtsiegels stammt aus dem 14. Jahrhundert. Die Frage nach dessen Ursprung und Bedeutung ist jedoch nur sehr schwer zu beantworten, da in der Ortsliteratur und der zu diesem Punkt vorhandenen spärlichen Fachliteratur sehr verschiedene Meinungen und Interpretationen vertreten sind.

Im ältesten Siegel, das 1334 angekündigt und vom Jahr 1341 bis ca. 1400 im Abdruck überliefert ist, zeigt sich im Bild ein gekrönter Mann mit erhobener rechter Hand, der in seiner Linken einen kleinen, zepterähnlichen Gegenstand hält. Die Figur sitzt auf einem einfachen Sessel oder Stuhl mit hoher Lehne. Die Deutung dieser Persönlichkeit ist sehr umstritten. Der frühere Stadtchronist Wenzel Sehr sieht hierin das Sinnbild eines Königs des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, das mit der Abbildung im Siegelbild an Gredings Eigenschaft als fränkischer Königshof und seiner Zugehörigkeit zum fränkischen Reichsgut bis 1311 erinnern soll.

Auch wenn eine Urkunde des Jahres 1395 die thronende Figur ohne ihr Zepter zeigt, scheint die vorliegende Interpretation doch sehr wahrscheinlich. Interessant ist in diesem Zusammenhang mit Sicherheit, dass das Gredinger Stadtsiegel im Laufe des folgenden Jahrhunderts eine Geschlechtsumwandlung erfuhr: Ab ca. 1430 erscheint im Bild, wahrscheinlich als Folge eines zeichnerischen Missverständnisses, eine Frau mit gelocktem Haar und Krone (später auch ohne diese), die mit ihrer rechten Hand eine segnende Bewegung ausführt und in der Linken eine Art Zweig oder Schreibfeder hält.

Dieses neue Erscheinungsbild wurde verschiedentlich als eine Frau, ihres Zeichens die letzte eines Adelsgeschlechts, das auf dem Pfaffelberg seinen Sitz gehabt haben soll, interpretiert. Die Bürger sollen jene Frau, eine Wohltäterin der Stadt, aus Dankbarkeit in ihr Siegel aufgenommen haben.

Eine andere Vermutung über die Herkunft der Frauensperson im Stadtsiegel Gredings beläuft sich darauf, in ihr die Gemahlin Kaiser Heinrichs II., Margarethe von Brabant zu sehen; der Kaiser hatte 1311 in einer Urkunde den Besitz Greding dauerhaft an die Eichstätter Fürstbischöfe und ihr Hochstift übergeben. Gegen diese Annahme spricht die Tatsache, dass zu Zeiten Kaiser Heinrichs II. noch kein Gredinger Stadtsiegel nachweisbar ist. Würde es sich tatsächlich um Margarete von Brabant handeln, hätte man mit ihr sicherlich die Zeichen ihrer kaiserlichen Würde, nämlich Krone und Zepter, abgebildet.

Eine andere, noch vagere Vermutung in Bezug auf das Gredinger Stadtsiegel ist, dass es sich bei der im Siegelbild dargestellten Person nicht um eine historische, sondern um eine frei von Seiten der Bürgerschaft gewählte weibliche Gestalt handelt.

Welche Theorie über die Entstehung und Bedeutung des Gredinger Stadtsiegels wirklich zutreffend ist, lässt sich leider nicht umfassend feststellen. Das Siegelbild wird daher auch in Zukunft eines seiner Geheimnisse bewahren.

Seit dem 17. Jahrhundert ist für die Stadt Greding auch die Führung eines Wappens sicher nachweisbar, das in seiner Erscheinungsform auf dem Stadtsiegel aus dem 14. Jahrhundert basiert. Die älteste Darstellung eines Gredinger Stadtwappens befindet sich an der Außenseite des Fürstentors. Das Vortor des eigentlichen Torturms wurde im Jahr 1490 unter der Regierungszeit des Eichstätter Fürstbischof Wilhelm von Reichenau erbaut. Ob das dort eingemeißelte Bildnis ebenfalls aus dieser Zeit stammt, kann jedoch nicht sicher belegt werden. Das Wappen zeigt eine auf einem Sessel sitzende Frauengestalt, die einen Palmzweig in der linken Hand hält. Hier handelt es sich um eine erstmals auftretende künstlerische Besonderheit. Alle älteren Darstellungen zeigten eine bis dahin männliche Wappenfigur mit einem Zepter; am Fürstentor ist erstmals ein Palmzweig in der Hand einer Frau mit langem, wallenden Haar zu sehen. Eine ganz ähnliche Darstellung befindet sich ebenfalls am Vortor des Nürnberger Tors, das ebenfalls Ende des 15. Jahrhunderts erbaut wurde.

Licht in diese Uminterpretation des Gredinger Stadtsiegels bzw. - wappens, die ab 1420/1430 feststellbar ist, bringt ein Blatt aus dem 17. Jahrhundert, das im Diözesanarchiv Eichstätt aufbewahrt wird. Dort ist über der kolorierten Zeichnung des Gredinger Wappens zu lesen: „St. Margarethe in einem gulden Sessel, das Feld ist blau.“ Aus der ursprünglich männlichen Fürsten- oder Königsgestalt war wohl aus Unkenntnis der ursprünglichen Bedeutung des Siegelbildes im Laufe der Zeit die hl. Margaretha geworden, die nicht mehr wie ihr Vorgänger ein Zepter, sondern als ihr typisches Attribut einen Palmzweig in der Hand hält.

Die Kurzform des Namens Margaretha, der im einheimischen Dialiekt „Gredl“ lautet, weist darüber hinaus eine große Ähnlichkeit zum Stadtnamen „Greding“ auf; auch dies mag vielleicht ein zusätzlicher Aspekt bei der Umgestaltung des Siegels und Wappens der kleinen Schwarzachstadt gewesen sein. Über die genauen Bewegründe der Umgestaltung kann man aber auch weiterhin - trotz einiger weniger Hinweise - nur mutmaßen.

Spekulationen gab und gibt es immer wieder hinsichtlich der Gredinger Wappenfarben. Vereinzelte Darstellungen aus den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts zeigen das Wappen mit entweder rotem oder grünem Schild und weißer (in der Sprache der Heraldik „silberner“) Figur. Dem kann das Blatt aus dem Eichstätter Diözesanarchiv widersprechen. Es legt zweifelsfrei fest, dass die Stadt Greding ihr Wappen zumindest seit dem 17. Jahrhundert in den Farben blau und gelb bzw. gold führte. Dies hat sich in einer faszinierenden Tradition seit vier Jahrhunderten - abgesehen von einigen archivalisch und heraldisch nicht belegbaren Farbvarianten der vergangenen Jahrzehnte - bis heute nicht geändert.

Gredings ehemaliger Stadtchronist Wenzel Sehr bemühte sich bereits in der 1960er Jahren, dem Ursprung des Gredinger Stadtwappens auf die Spur zu kommen. Er stand in Korrespondenz mit Archivaren des Staatsarchivs Nürnberg und des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München. Im Zuge dieser Forschungen wurde das Gredinger Stadtwappen in seiner damaligen Erscheinungsform von Herrn Dr. Klemens Stadler und Herrn Dr. Schnelbögl nach dem Vorbild der Siegelbilder des 14. Jahrhunderts gestalterisch eng an seinen Ursprung geführt. Seit 1961 führt die Stadt Greding ihr Wappen nun in dieser Form, die im Jahr 2011 ihren 50. Geburtstag feiern durfte.

(Recherchen: Bettina Kempf M.A, Kulturamt der Stadt Greding und Karl Heinz Richter, Gredinger Stadtchronist; Text: Bettina Kempf)