Bayern

Stadt Wasserburg a.Inn

In Silber ein golden gekrönter und bewehrter roter Löwe.

Die frühesten Darstellungen mittelalterlichen Wappen sind in der Regel auf Siegeln überliefert. Der Beginn städtischer Siegel liegt im frühen 12. Jahrhundert; die ältesten Stadtsiegel im westeuropäischen Raum finden sich bei den Bischofsstädten am Rhein. Die Siegelführung durch Städte verbreitet sich im Folgenden rasch. Zu den häufigsten Symbolen, die sich auf frühen städtischen Siegeln fanden, zählen Stadtabbreviatur, Heilige und sprechende Figuren.

Wasserburg am Inn gehört hingegen zu den wenigen Städten, die im 13. bzw. frühen 14. Jahrhundert einen Löwen als Wappentier führten. Der steigende, gekrönte Löwe im Wasserburger Wappen ist erstmals auf einem Siegelabdruck aus dem Jahr 1292 überliefert, dessen Entstehung für die Mitte des 13. Jahrhunderts angenommen wird. Farbige Darstellungen des Wappens existieren ungefähr ab dem 14. / 15. Jahrhundert; sie sind hauptsächlich in Rot und Silber gehalten. Als sicher darf angenommen werden, dass der Löwe, der ab dem 12. Jahrhundert zum beliebtesten Wappentier innerhalb des europäischen Adels wurde , von einem Adelsgeschlecht übernommen worden ist. In Frage kommen hierbei zum einen die Grafen von Wasserburg, zum anderen die bayerischen Herzöge aus der Familie der Wittelsbacher, die 1229 erstmals einen Löwen in ihrem Herzogssiegel führten, der auf ihre Verbindung mit den Pfalzgrafen bei Rhein zurückgeht.

Es soll bereits an dieser Stelle vorab festgestellt werden, dass der Löwe im Wappen der Stadt Wasserburg wittelsbachischer Herkunft ist. Allerdings bringt diese Zuweisung auch klärungsbedürftige Probleme mit sich, zu deren Lösung im Folgenden ein Beitrag geleistet werden soll. Vor allem stellt das Wasserburger Stadtwappen für seine Zeit eine bemerkenswerte Singularität unter den wittelsbachisch-bayerischen Städten dar: Keine andere Stadt im Herzogtum Bayern, für die in der Zeit, aus der das erste Wasserburger Siegel überliefert ist, führte darin ausschließlich einen Löwen. Wenn im 13. Jahrhundert die landesherrliche Zugehörigkeit in kommunalen Siegeln bzw. Wappen zum Ausdruck kam – und das war noch nicht häufig der Fall –, so erfolgte dies bevorzugt durch die bogischen Wecken. Lediglich Rain am Lech und wahrscheinlich auch Schrobenhausen führten – allerdings in Verbindung mit den Wecken – den pfälzischen Löwen in ihren Siegeln, die für die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert überliefert sind. In späteren Wappendarstellungen folgen diese Städte schließlich – anders als Wasserburg – der Tingierung des pfälzischen Löwen (Gold und schwarz sowie rot). Eine besondere Notwendigkeit, den Löwen im Stadtwappen von Wasserburg zur besseren Unterscheidung von Wappen anderer Städte in anderen Farben als den pfälzischen zu gestalten, lag wegen nicht bestehender Verwechslungsgefahr eigentlich nicht vor.

Die seit dem Spätmittelalter überlieferten Leitfarben des Wasserburger Stadtwappens, die heute auch die Stadtfarben Wasserburgs bilden, sind rot und weiß (heraldisch: Silber). Erstmals in Farbe ist das Wasserburg Stadtwappen auf einem Glasfenster am Rathaus, das ungefähr im 14. oder 15. Jahrhundert entstanden ist. Neben diesen beiden Farben ist in Wappendarstellungen der frühen Neuzeit darüber hinaus ferner noch die Farbe Gold zu finden Bemerkenswerterweise haben ferner auch mehrere Siegelschnüre, die an Siegeln der Grafen von Wasserburg aus dem 13. Jahrhundert überliefert sind und bei denen sich Farbigkeit erhalten hat, ebenfalls die Farbkombination Rot und Gold. Es würde beim gegenwärtigen Forschungsstand zu weit führen, zu behaupten, dass es sich dabei möglicherweise um die Farben der Grafen von Wasserburg gehandelt haben mag. Auffällig bleibt dieser Befund dennoch und es soll nicht ausgeschlossen werden, dass sich Zeitgenossen, die sich in der frühen Neuzeit mit dem Wasserburger Stadtwappen befassten, davon inspirieren haben lassen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Farben Silber und Rot auf jeden Fall von der angeblichen Tingierung des Wappens der Wasserburger abgeleitet, nämlich rote Rauten auf silbernem Feld. Bedenkenswert erscheint dabei, dass sollte der Wasserburger Löwe tatsächlich, wie oben dargestellt, ursprünglich ein pfälzischer gewesen sein, eine Tingierung in Gold und Schwarz erwarten werden müsste, wie sie seit 1260 für belegt ist. Eine Notwendigkeit, das Wasserburger Stadtwappen mit seinem Löwen durch die Farbgebung rot und weiß von anderen Stadtwappen besonders zu unterscheiden, bestand angesichts des bereits dargestellten Umstandes, dass das Wasserburger Wappen für seine Zeit und seinen Raum eine Einzelerscheinung darstellte, eigentlich nicht.