Sachsen

Stadt Ostritz

In Gold schwebend ein verziertes rotes Portal, darin eine Nonne im schwarz-silbernen Ornat mit Stab in der Rechten und Buch in der Linken.

Zur Deutung dieses Wappens heißt es in den „Scriptores rerurn Lusaticarurn“:
„Die Äbtissin des Klosters St. Marienthal steht im Portal des Rathauses zu Ostritz und will damit zum Ausdruck bringen, daß nur über ihre Person das Stadtrecht angetastet werden könne.“ Das Wappen stammt aus einem um 1400 geschnittenen Siegel mit der Umschrift: S. CIVITATIS OSTROS, auf dem die Nonne keinen Krummstab, sondern einen Rosenkranz hält.

Noch vor Ablauf des 14. Jhd. war das Kloster St. Marienthal in den völligen Besitz der Stadt Ostritz gelangt. Allmählich hatte sie sich unter der milden und fürsorglichen Regierung der Marienthaler Äbtissinnen zu einer immerhin für eine Landstadt beträchtlichen Blüte entfaltet.
Hatte schon am 12.Juli 1346 der Böhmenkönig Johann Ostritz mit Befreiung von der Königssteuer (Berna) in Rücksicht auf die Klosterherrschaft begnadet, so gewährte ihm Karl IV. als Deutscher Kaiser und König von Böhmen in der mit seinem Siegel in goldener Hülle versehenen Urkunde vom 17.August 1357 als besonderes Zeichen seiner Gnade und seiner Zuneigung zum Kloster weitgehende und wertvolle Rechte.
Es sollte danach allen Bewohnern der Stadt Ostritz gestattet sein:
„Bier zu brauen, Brot und Salz und Bier frei zu verkaufen und zu kaufen, wie solche Einwohner bereits seit 60 Jahren rechtmäßig und ungestört zu tun gewöhnt seien“.
Drei große Gerechtsamkeiten die der König dem aufblühenden Städtchen und seiner fleißigen Bürgerschaft sicher zum nicht geringen Verdruß der beiden mächtigen benachbarten Sechsstädte Zittau und Görlitz bestätigte.
Was besonders den in jenen Zeiten des Mittelalters besonders wichtigen Salzmarkt anlangt, so mußte Karl IV. tatsächlich schon sieben Jahre später, am 29. Dezember 1364, zu Prag, dem Bürgermeister und Rate zu Görlitz unter Androhung kaiserlicher Ungnade befehlen, fernerhin nicht mehr, wie es jetzt geschehen und beklagt worden sei, der Äbtissin, dem Konvent und Probste des Klosters St. Marienthal Hindernisse zu bereiten, wenn diese und ihre Untertanen in dem ihnen gehörigen Städtchen Ostritz Salz herbei- und wegführen, kaufen und verkaufen wollen.
Was Wunder, wenn die stolz gewordenen Ostritzer Bürger, sich sicher und geborgen fühlend im Sonnenschein der kaiserlichen Gnade, deren Strahlen ihnen vom Kloster her vermittelt wurden, begannen kühn und fröhlich auf ihrem schönen, großen Marktplatz den Bau eines Rathauses auszuführen und ihre Stadt durch Mauern und Tore zu befestigen.
Was lag in jenen unruhigen Zeiten des Raubrittertums ihnen näher?
Über diese Vorgänge und ihre Folgen haben wir einen lichtvollen zeitgenössischen Bericht in den Jahrbüchern des Zittauer Stadtschreibers Johann von Guben. Da lesen wir unter dem 16.Dezember 1368 wie „die von Ostros (Ostritz) ein Rathaus aufgerichtet, eine Ratsglocke aufgehängt und Tore an ihrer Stadt gemauert“ und „eine Hauptstadt mit allen Rechten“ wie etwa Görlitz und Bautzen errichten wollten. Der Rat von Zittau ließ die Vertreter von Ostritz vor sich laden. Diese kamen in Begleitung der Äbtissin und sprachen, sie hätten ihren Besitz mit allen Rechten so gut wie andere Städte. Die Zittauer lasen ihnen nun ernstlich die Leviten und hielten ihnen vor, daß sie „ungewöhnlich Gebäude“ gebaut hätten, die von alters her nicht dort gewesen seien, nämlich ein Rathaus zum Schaden der Stadt Zittau. Weiterhin hätten sie steinerne Tore und steinerne Mauern gebaut und befestigt, all den Sechsstädten und dem ganzen Lande zu Schaden, weil sich darin Räuber und schädliche Leute festsetzen und der ganzen Umgebung durch nächtliche Raubzüge Verderben bringen könnten. Schon früher habe man einmal Räuber aus der Kirche zu Ostritz herausholen müssen. Weiterhin hätten die Ostritzer sich gleichsam ein Weichbild gemacht und die Gerichtsbarkeit über die umliegenden Dörfer angemaßt. Weiter warf man ihnen den Bierverkauf und den Salzmarkt als unberechtigt vor. Die Ostritzer Abgesandten antworteten nur, daß sie die ganzen Vorwürfe ihrer Obrigkeit unterbreiten würden, verweigerten aber jegliche weitere Zusage. Als die Zittauer nach weiteren Beratungen und erfolgter Heischung der Ostritzer vor die „gehegte Bank“ in Zittau keine Antwort erhielten, wandten sie sich an die übrigen Sechsstädte.
So kam es, daß Zittauer und Mannschaften der Verbündeten Sechsstädte, besonders von Görlitz, in einer Stärke von 40 Glaffen Fußvolk (400 Mann) und hundert Wagen Geharnischten nebst Zimmerleuten und Maurern auf dem Marktplatze zu Ostritz einrückten. Obwohl die Äbtissin von Marienthal in Begleitung von Nonnen persönlich ihren Ostritzer Bürgern zum Beistand herbeigeeilt war und sich „unter das Rathaus gesetzt“ hatte, machten sich die Sechsstädter Zimmerleute unverzüglich daran, das Rathaus zu zerstören. Die Maurer aber brachen mit Keilhauen und Hacken die gemauerten Tore nieder. Das geschah am Sonnabend vor Lucien (29.Dezember) 1398.
Das Klosterstift führte mit Hilfe seines Ordensvisitators, des Abtes von Altenzelle, Beschwerde in Prag und zwar in Abwesenheit des Kaisers bei dessen Statthalter, dem Erzbischof Johann von Genstein. Von diesem wurde die Angelegenheit einem Schiedsgericht überwiesen, bestehend aus Leuther von Penzig, Otto von Gersdorf und dem Görlitzer Bürger Ulmann aus der Münze. Es verblieb aber bei der Vernichtung von Rathaus, Toren und Mauern, dagegen behielt Ostritz seine früher erwähnten und bestätigten Rechte. Die Brotbänke am Ostritzer Markte mußten die Zittauer wieder aufbauen, wie sie „von alters her gewesen“.
Im Jahre 1405 soll der Bau eines Rathauses wiederholt worden sein, um freilich zwei Jahrzehnte später als Opfer der wilden Hussitenscharen zusammenzusinken.