Nordrhein-Westfalen

Stadt Werdohl

Im weiß und schwarz gespaltenen Schilde eine bis zum Schildrande aufsteigende eingebogene goldene Spitze, oben rechts eine rote Rose mit grünen Blättern, links eine senkrecht gestellte silberne Kette mit 3 runden Ringen, bei denen der obere und untere Ring offen sind; die Spitze überquert von dem in drei Reihen von Silber und Rot geschachten Balken der Grafen von der Mark.

Der Stadt ist am 16.01.1935 das Recht zur Führung des Wappens verliehen worden.

Die Wappengeschichte der Stadt Werdohl beginnt ebenfalls in kaiserlich-königlicher Zeit. Mitten im Ersten Weltkrieg, am 8. November 1915, schrieb der Amtmann von Werdohl - die Gemeinde wurde am 12. April 1936 zur Stadt erhoben - an Prof. Dr. Hildebrandt von der Redaktion des Deutschen Herold in Berlin: "Die Gemeinde Werdohl, Kreis Altena in Westfalen, beabsichtigt, in Kürze ein Kriegswahrzeichen zur Benagelung zur Aufstellung zu bringen, und zwar soll, abweichend von der vielfach üblichen Form der Aufstellung eines Eisernen Kreuzes, ein heraldisches Wappenzeichen zur Ausführung gebracht werden, welches gleichzeitig für später als Wappen der Gemeinde Werdohl Verwendung finden kann.
Unter Bezugnahme auf die zwischen Ihnen und dem Königlichen Landrat des Kreises Altena, Herrn Dr. Thomee, bestehenden Beziehungen, und um etwas heraldisch Einwandfreies zu bekommen, frage ich ergebenst an, ob Sie bereit sind, ein derartiges Wappenzeichen für die Gemeinde zu entwerfen bzw. unter Ihrer Leitung anfertigen zu lassen.
Die Wappenzeichen der Grafschaft Mark, der Familie Neuhoff, Pungelscheid (König von Korsika), und der Evgl. Kirchengemeinde zu Werdohl sollen bei dem neu zu entwerfenden Wappenzeichen möglichst Verwendung finden, dabei vorherrschend die Wappenzeichen der Evgl. Kirchengemeinde Werdohl und Neuhoff, Pungelscheid. Nachweislich besaß Werdohl schon ums Jahr 1100 eine Kirche..."
Möglicherweise kam die Gemeinde Werdohl deshalb auf den Gedanken, ein Wappen anzunehmen - ein Recht, das doch offenbar zu dieser Zeit allein den Städten zustand - weil die mit ihr in einem Amtsverband zusammengeschlossene Gemeinde und Titularstadt Neuenrade ein solches besaß. Dabei war die Wahl der Wappeninhalte ebenso traditionell wie verständlich, weil sie sich an die der Nachbarn Neuenrade und Altena anlehnte: das ehemals landesherrliche Zeichen und die Rose aus dem Kirchensiegel; letzteres zugleich als Hinweis auf ein hohes Alter. Neu hinzu tritt das Wappenzeichen eines bedeutenden Adelsgeschlechtes, das einstmals in der Gemeinde ansässig gewesen ist. Dies ist aus der Zeit heraus auch noch verständlich.
Bereits eine Woche später antwortete Prof. Dr. Hildebrandt mit gleichzeitiger Übersendung einer Skizze: "Das Wappenzeichen der Familie von Neuhoff ist die zerbrochene silberne Kette im schwarzen Felde. Um das gemeinsame Wappen nicht zu bunt werden zu lassen, und mit Rücksicht auf eine symmetrische Gestaltung der Zeichnung schlage ich vor, auch die Rose silbern auf schwarzem Grunde darzustellen und den rot-silbern gewürfelten Balken der Grafschaft Mark in das untere Feld des dreigeteilten Schildes zu setzen."
Dieser Schild zur Nagelung wurde auch tatsächlich hergestellt, und die Gemeinde hatte somit einen Entwurf für ein später anzunehmendes Wappen. Der Kriegsausgang mit dem Zusammenbruch der Monarchie und die Nachkriegszeit ließen zunächst keinen Raum für Wappenfragen, doch kam die Gemeinde viele Jahre später auf die Angelegenheit zurück. Die bereits erwähnten persönlichen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Dr. Thomée und Otto Hupp sind 1929 Werdohl und in den folgenden Jahren den übrigen Gemeinden und Ämtern des Kreises Altena zugute gekommen. Bei Besuchen Thomées in Schleißheim, wo Prof. Otto Hupp wohnte, und umgekehrt, sowie in einem regen Briefwechsel wurden manche Details der Wappen und Siegelentwürfe erörtert.
Anläßlich der Überreichung zweier Entwürfe für das Werdohler Wappen am 29. Januar 1929 schreibt Hupp an Thomée: „...Dafür bekommen Sie denn hiermit auch gleich zwei Skizzen; eine mit dem zuerst gewünschten Dreiecksschild, die andere mit dem Schild, den Sie hier auswählten. Sie wissen, daß mir die Zeit der Dreiecksschilde unendlich näher liegt, als die der Schnörkelschilde. Wenn ich dennoch erstere fast niemals verwende, so hält mich davon die Empfindung ab, daß so etwas gesucht erscheint, bei neuen Wappen den ritterlichen Kampfstil zu benutzen. Deshalb ziehe ich die spätere, rein dekorative heraldische Schildform vor. Vielleicht teilen Sie diese Bedenken nicht, und dann führe ich ebenso gern die andere Skizze aus. - Gar nicht sicher bin ich bezüglich des Feldes mit der Rose. Wenn es irgend geht, so würde ich hier von einem schwarzen Felde abraten. Das viele Schwarze in Verbindung mit dem Orange-Gelb und dem bißchen Rot und Weiß auf ihrem ersten Entwurf wirkt höchst geschmackvoll und darum bestechend. Sie werden mir aber zugeben, daß das Wappen recht selten in Farbe gebraucht wird, daß vielmehr der Farbdruckstempel dem täglichen Bedürfnis dienen muß. Bei der Verkleinerung auf SiegeIgröße und dazu bei einfachem Schwarzdruck ändert sich aber das hübsche Bild vollständig. Die breite, eingeschwärzte und dann auf Papier abgedruckte Fläche verklatscht die zarten weißen Linien bis zum Ersaufen; und außerdem braucht das viele Schwarze des Abdruckes weit mehr Zeit zum Trocknen, als man Ihnen im dienstlichen Geschäftsverkehr gewähren kann. Ein Verschmieren ist dabei unvermeidlich. Ist es bestimmt, daß die Rose weiß sein muß, dann würde ich für das Feld blau vorschlagen. Ist es aber möglich, das Feld weiß zu lassen und die Rose rot mit grünem Stiel zu machen, dann ist das praktischer, wenn schon die gute ruhige Wirkung Ihrer Skizze dadurch zerrissen wird. Bitte entscheiden Sie. Auch ist ja die Umschrift noch nicht feststehend."

Ohne Zweifel lag der ersten Version, auf die sich Hupp bezieht, der von Prof. Dr. Hildebrandt 1915 angefertigte Entwurf zugrunde. Landrat Thomée scheint sich den Argumenten Hupps angeschlossen zu haben, der im November 1929 dann die Reinzeichnung vorlegte. Zwischendurch hatte man sich noch über die Kette verständigen müssen, weil Hupp offenbar bei seinem Vorschlag länglicher Kettenglieder geblieben war, die Werdohler aber bei den für das Neuhoffsche Wappen überlieferten runden Kettengliedern bleiben wollten.
Parallel zu den Bemühungen Thomées und Hupps lief eine Korrespondenz der Gemeinde Werdohl mit den Preußischen Staatsarchiven Berlin und Münster, doch sind inhaltliche Stellungnahmen der Archive zum Werdohler Wappen nicht bekannt. Die Gemeinde Werdohl war der Meinung, daß eine Begutachtung durch das Staatsarchiv Berlin nicht notwendig wäre. Ebensowenig hat sie sich um eine offizielle Genehmigung ihres Wappens bemüht, die "einstimmige Genehmigung der Gemeindevertretung" - Bericht an den Landrat vom 29. August 1929 - schien ihr zu genügen.
So konnte es nicht ausbleiben, daß die Gemeinde später bei geänderter Rechtslage nicht um eine Genehmigung herumkam. Sie war ja keine Stadt mit Wappentradition. Über Landrat und Regierungspräsident stellte sie 1934 einen entsprechenden Antrag an den Reichs- und Preußischen Minister des Innern, der die Urkunde auch unter dem 16. ]anuar 1935 ausstellte. Die notwendige Übersendung der Zeichnungen an das Staatsarchiv Münster folgte diesmal der Genehmigung.
Ruhe sollte für Werdohl dennoch nicht eintreten. Auf eine Verfügung des Landrats vom 28. November 1936 in Sachen Wappen antwortete der Bürgermeister von Werdohl am 4. Dezember 1936: „Ich beabsichtige, das Wappen der Stadt Werdohl ändern zu lassen." Er wandte sich mit diesem Anliegen an Waldemar Mallek, der ein Luftschiff als Symbol in das beabsichtigte neue Wappen aufnehmen sollte. Nun war der Gedanke in der Tat originell - Werdohl hat durch die Bergschen Fabriken Anteil an der Entwicklung der deutschen Luftschifffahrt, aber was sollte aus dem Wappen herausfallen? Mallek reichte eine Skizze ein, die als Verhandlungsgrundlage beim Staatsarchiv dienen sollte. Soweit kam es aber Gott sei Dank nicht, und am 20. August 1937 schrieb der Bürgermeister unter das Anschreiben "Der von Mallek eingereichte Entwurf sagt mit nicht zu." Und nachdem er wohl mit diesem ein Gespräch geführt hatte, setzte er einen Monat später hinzu: "Von der Weiterverfolgung dieser Sache wird abgesehen. Zu den Akten."
Einer Überprüfung der Wappen und Siegel durch die Militär- und deutschen Behörden konnte sich die Stadt Werdohl 1945 getrost unterziehen, ihr Wappen und ihr Wappensiegel hatten mit dem Nationalsozialismus nichts zu tun. Als der Oberpräsident der Provinz Westfalen sich deshalb in einem Erlaß vom 21. Dezember 1945 an die Ortsbehörden wandte, vermerkte der Bürgermeister von Werdohl, Hans Born - später Oberstadtdirektor von Lüdenscheid -, kurz und bündig: "Das Gemeindewappen wurde vor 1933 verliehen."