Niedersachsen

Stadt Bad Gandersheim

Das Wappen der Stadt Bad Gandersheim zeigt auf goldenem Grund einen mittelalterlichen Ritterhelm in Silber, wie er im 13. und 14. Jahrhundert im Kampf und bei Turnieren getragen wurde. Der Helm ist mit Büffelhörnern in Schwarz verziert, die mit blauen und grünen Pfauenfedern bestückt sind. Unten hängen rote Bänder zum Festbinden des Helms am Panzer herab. Zwischen den Bändern eine blaue Lilie.

Das Wappen der Stadt Bad Gandersheim zeigt einen mittelalterlichen Helm, wie ihn die Ritter des 13. und 14. Jahrhunderts im Kampf und bei den Turnieren trugen. Zwei schmale Schlitze dienten zum Sehen, darunter sind an der (heraldisch) rechten Seite vier Löcher zum Ausatmen angebracht, an der linken Seite ein kreuzförmiger Einschnitt.

Als Helmzier wählte man gebogene Büffelhörner, reich mit Pfauenfedern besteckt. Zwei Bänder, mit denen der Helm an den Panzer angebunden wurde, hängen herab. Zwischen ihnen ist eine Lilie dargestellt.

Das Wappen bietet einen farbenprächtigen Anblick. Das Feld ist golden, der Helm silbern bemalt. An den schwarzen Büffelhörnern stecken grün und blau dargestellte Pfauenfedern. Die Farben Gold und Schwarz herrschen vor. Es waren die Farben des mittelalterlichen Deutschen Reiches, welche alle reichsunmittelbaren Stände führten, Reichsstädte wie Goslar, Reichsstifte wie Gandersheim. Das Stiftswappen können wir an der Abtei am Wilhelmsplatz sehen. In späterer Zeit nahm man das Rot der Klaue des Reichsadlers als zusätzliche Farbe an, woraus die Farben Schwarz-Rot-Gold entstanden.

Das Wappen der Stadt Bad Gandersheim ist erstmalig auf einem Siegel der Stadt erhalten, das an einer Urkunde des Rates vom 29. April 1335 hängt. Es trägt in Großbuchstaben die Umschrift: „S (Sigillum) Consulum in Gandersem.“ Das Siegel muß kurz vor 1335 angenommen worden sein, denn seine Gestaltung deutet auf die Zeit der Gotik. Der Siegelschneider hat die Buchstaben so reich verziert, daß das C von Consulum einem D gleicht und deshalb schwer lesbar ist. Der Ritterhelm zeigt die Form des Tropfhelmes, der im 15. Jahrhundert durch den Bügelhelm abgelöst wurde. Die wie eine Sichel gestalteten Büffelhörner erscheinen kurz da- nach wie Blashörner, die reiche Ausgestaltung durch die Pfauenfedern hat es vorher nicht gegeben. Sie war erst um 1300 Mode geworden, hatte sich aber so durchgesetzt, daß fast alle Wappen, die in der Manessischen Handschrift dargestellt sind, diesen Schmuck tragen. Natürlich konnten die Ritter so nicht in den Kampf reiten; es waren Schmuckpanzer und Helme, wie sie nur bei Turnieren angelegt wurden.

Wie kam es, daß die Stadt ein ritterliches Wappen annahm? Üblich war es, daß Städte ihren Status durch ein Stadttor zum Ausdruck brachten wie Göttin- gen, Northeim, Einbeck, Osterode, Holzminden und viele andere; andere nahmen das Wappenbild ihres Landesfürsten an wie die Städte Braunschweig, Seesen, Schöningen, Königslutter, einige auch den Stadtheiligen wie Alfeld und Helmstedt. Die Reichsstädte führten den Reichsadler. Aber ein Ritterhelm im Stadtwappen, das ist in Niedersachsen einmalig und unverwechselbar, das ist etwas ganz Besonderes.

Seit L. Clericus 1882 sich erstmals wissenschaftlich mit dem Wappen beschäftigte und die Ansicht aufstellte, die Stadt habe die Helmzier der Herzöge von Braunschweig angenommen, ist diese Bedeutung immer wieder übernommen worden. Er meinte, daß die damalige Äbtissin Sophie eine braunschweig-Iüneburgische Prinzessin gewesen sei, was sich als Irrtum herausgestellt hat. Aus der Tatsache, daß die Stadt sich auf die Herzöge gestützt hatte, um frei zu werden, zieht man den Schluß, sie habe deshalb deren Wappentier übernommen. Dagegen ist aber zu sagen, daß die lüneburgische Linie des Herzoghauses in Gandersheim nie regiert hat. Sie ist stets nur mitbelehnt worden.

Viel näher liegt ein anderer Grund, der die Bürger bewegt haben kann, dieses Wappen zu wählen. Das Wappenbild war nämlich schon vorhanden und diente einer Ritterfamilie dazu, in den umliegenden Ländern als Gandersheimer erkannt zu werden. Das Adelsgeschlecht von Gandersheim war seit mindestens 1159 in Gandersheim ansässig und besaß die schönste und größte Ritterkurie auf der Stiftsfreiheit, heute Haus Wilhelmsplatz 4/5, dem man die Bedeutung noch ansieht. Die Angehörigen des Geschlechts hatten viele Hofämter der Äbtissin inne, waren Vögte, Truchsesse, Mundschenken und Kämmerer, hatten aber auch Ärger bei den Herzögen von Braunschweig und den Bischöfen von Hildesheim.

Aus dem Jahr 1283 ist das Siegel des Ritters Gerhard von Gandersheim erhalten, es zeigt einen Helm im Strahlenkranz. Ein zweiter Gerhard führte 1334 ein größeres dieser Art, nur mit dem Adlerflug statt der Büffelhörner (eine andere Art des Helmschmuckes). 1361 zeigt das Wappen wieder den Strahlenkranz.

Das neue Wappen der Stadt nahm also Bezug auf die Herren von Gandersheim, die den Namen der Stadt bereits überall in den umliegenden Ländern bekanntgemacht hatten. Wohin die Bürger nun mit ihrem Banner kamen, mit ihren Fuhrwerken, ihren Ratsdienern und ihren Schützen, da wußte jeder sofort: das sind die Gandersheimer!

Die Lilie im Wappen der Stadt ist das Symbol der Abtissin. Sie ist gleichsam eine Reverenz an das Reichsstift.