Niedersachsen

Stadt Jever

In Blau über einem silbernen, schräg ansteigenden Wall mit offenem Treppengiebeltor drei silberne rotbedachte Türme, von denen der mittlere höher und breiter ist als die Seitentürme. Über den Turmspitzen harmonisch verteilt die goldenen Buchstaben DVMG. Im Torbogen aufrecht schreitend ein goldener Löwe, dessen Krallen und Zunge rot tingiert sind. Beiderseits des Tores ein roter Plankenzaun.

Das Wappen der Stadt Jever wird in verschiedenen Formen und Farbgebungen geführt.

Auch die Wappenbeschreibung ist uneinheitlich und lückenhaft. Schließlich ist nicht mehr festzustellen, ob der Rat der Stadt in früherer Zeit jemals die Annahme eines bestimmten Wappens beschlossen hat.

Aus diesen Gründen sollte die Stadt auf eine gültige, historisch belegte und zeitgemäße Darstellung des Wappens Wert legen.

Wie sehr bereits ältere Wappendarstellungen voneinander abweichen, zeigt z. B. ein Vergleich des Wappens am Treppensockel vor dem Rathaus mit dem ursprünglich an der Markthalle (Fleischhalle) und heute im Rathausflur angebrachten Wappenrelief.

Zeigt das Wappen am Sockel außer den drei spitzbedachten Türmen auch eine Vielzahl von Dächern, so findet man auf dem Markthallenwappen neben den drei Türmen nur noch zu beiden Seiten ein Wachhäuschen.

Auf diesem Relief stehen die lateinischen Buchstaben DVMG auch nicht über Dächern, sondern über dem Torbogen zum Mauerwerk.

Chr. Friedrich Strackerjan1 gibt folgende Beschreibung des jeverschen Wappens:

"Dieses Wappen besteht in einem offenen Stadttore mit drei Türmen. Unter demselben befindet sich das Wappen des Fräulein Maria, in blauem Schilde ein aufgerichteter Löwe. Über diesem Schilde ist ein Teil eines Fallgatters sichtbar. Nach beiden Seiten hin ziehen sich von dem Tore Mauern nach dem Rand des Siegels, auf welchen an jedem Ende ein kleines Wachhäuschen steht.
Vor den Mauern sind Palisaden oder Staketen. Über dem Ganzen stehen die Buchstaben DVMG. Da die Farben dieses Wappens in der Urkunde nicht angegeben, auch im Siegel nicht angedeutet sind, so hat man es verschiedentlich dargestellt, am meisten und auch wohl am richtigsten hat man es rot in silbernem Felde abgebildet."

Dr. Fissen2 äußert sich über die Farbgebung des Wappens so:

"Das Tor zeichnete man früher rosa, die drei Turmdächer hellblau, den Hintergrund dunkelblau. Die vier Buchstaben wurden in schwarzer Farbe zwischen die Turmspitzen gesetzt."

In unserer Zeit nahm man der besseren Wirkung wegen für die Dächer der Türme und Häuser rote Farbe, für die Mauern Weiß bzw. Silber.

Das Torgatter blieb gelb. So hat es auch der bekannte Wappenmaler Otto Hupp, München, in seinem großen Wappenwerk deutscher Städte gezeichnet.

Das Wappen auf dem Briefkopf des Bürgermeisters ist in dem Stil noch ein Produkt aus den Jahren um 1790. Dr. Lübbing3 meint, dass es vermutlich von einem Formschneider angefertigt wurde, der zu jener Zeit für das Jeversche Wochenblatt tätig war.

Das heraldische Beiwerk (Schild, Schildhalter, Wappenspruch) ist bei diesem Wappen überbetont. Der eigentliche Inhalt tritt dagegen sehr zurück. In der kommunalen Heraldik kommt es aber ausschließlich auf eine prägnante Darstellung des eigentlichen Wappeninhaltes an.

Ich habe Herrn Dr. Lübbing gebeten, eine Dokumentation des kommunalen Wappens der Stadt Jever vorzulegen und das Wappen zeitgemäß neu zu gestalten.

Der Entwurf des Wappens liegt mit folgender Erklärung vor:

"In einem Blau über einem silbernen, schräg ansteigenden Wall mit offenem Treppengiebeltor drei silberne rotbedachte Türme, von denen der mittlere höher und breiter ist als die Seitentürme. Über den Turmspitzen harmonisch verteilt die goldenen Buchstaben DVMG. Im Torbogen aufrecht schreitend ein goldener Löwe, dessen Krallen und Zunge rot tingiert sind. Beiderseits des Tores ein roter Plankenzaun."

Der Entwurf erhält seine Eigentümlichkeit dadurch, dass der Wall mit Plankenzaun beiderseits des Tores leicht schräg nach oben führt.

So ist die Darstellung bereits auf den ältesten Abbildungen des jeverschen Stadtwappens verbreitet, vor allem durch Johann Justus Winkelmanns Chronik der Graf-Anton-Günther-Zeit.

Diese leichte Schrägstellung ist eine perspektivische Verkürzung, wie man sie in der Heraldik des 16. Jahrhunderts, also zur Zeit von Fräulein Maria, mehrfach antreffen kann. Diese Schrägstellung ist also ein Zeitstil und als Erinnerung an die Stadtrechtsverleihung (1536) gedacht.

Die Dreizahl der Türme ist eine klassische und wegen ihrer Übersichtlichkeit in jedem Falle der Anhäufung von Dächern vorzuziehen, wie sie auf älteren Darstellungen des jeverschen Stadtwappens anzutreffen ist.

Die Beschränkung auf drei spitzbedachte Türme anstatt einer Vielzahl von Türmen empfiehlt sich auch mit Rücksicht auf die starke Verkleinerung im Alltagsgebrauch des Wappens im schwarz-weiß-Siegelstempel.

Durch den markanten vereinfachten Treppengiebel, das offene Tor, den niedrig gehaltenen Plankenzaun ohne Leitplanken und die Übernahme des großen Löwen ins Tor erhält das Gesamtbild des Wappens eine übersichtliche und ruhige Wirkung.

Der Löwe ist das Herrschaftszeichen der spätmittelalterlichen Herrschaft bzw. der Häuptlinge von Jever. Dass der Löwe etwas größer als auf den älteren Wappen ausgebildet wurde, wirkt sich auch bei der Reduzierung auf normale Siegelgröße günstig aus, weil die Deutlichkeit gewahrt bleibt.

Die lateinischen Buchstaben DVMG sind ebenfalls eine Erinnerung an die Stadtrechtsverleihung durch Fräulein Maria von Jever und bedeuten nach alter Überlieferung:

"Donat Urbi Maria Gubernacula"
Maria schenkt der Stadt die Regierungsgewalt.

Gerade die Verbindung dieser Buchstaben mit dem Mauerbild macht das Besondere des Stadtwappens aus.

Bei der Farbgebung des Wappens ist Dr. Lübbing davon ausgegangen, dass die traditionellen jeverschen Stadtfarben blau-weiß (blau-silber) beibehalten werden und dominieren müssten. Wie diese Farben entstanden sind, ist mit Sicherheit nicht mehr festzustellen. Dr. Lübbing hält es für möglich, dass es sich um eine "Verblassung" der jeverschen Herrrschaftsfarben blaugelb handelt.

Die noch im Wappen vorkommenden Farben rot und gold treten zurück und sind als Stadtfarben außer Acht zu lassen.

Nach Sello4 soll die Stadt im 17. Jahrhundert auch eine Flagge geführt haben.

Andree5 schreibt: "Die Flagge der alten Stadt scheint gelbrot gewesen zu sein“.

Die jeverschen Schiffe führten diese Flagge auch noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, weil sie in der Vorstadt der früheren Altstadt beheimatet waren. Die Farben der späteren Stadt müssen entsprechend der Helmzier blaugelb (golden) sein.

Die jetzt üblichen Farben blauweiß rühren von der blauweißen Zerbster Uniform her, denn bekanntlich fiel Jever im Jahre 1667 an Anhalt-Zerbst, dessen Fürsten hier bis 1793 regierten.

Herr Karl Fachinger (Brief vom 7. 8. 1969) behauptet, es gäbe Hinweise dafür, dass es eine Seeflagge des Hauses Anhalt-Zerbst gegeben hatte, die wahrscheinlich auch von in Jever beheimateten Schiffen geführt worden sei.

Wie diese Seeflagge ausgesehen habe, sei bisher noch nicht erforscht. Herr Oberarchivardirektor Dr. Stadler, München (Brief vom 1. 9. 1969), ist der Meinung, dass der vorliegende Entwurf des Stadtwappens heraldisch gut ist und insgesamt auf historische Überlieferung fußt. Auch ich als Laie auf dem Gebiet der Heraldik meine, dass Form und Farbgebung des Wappens historisch belegt und zeitgemäß hervorragend darstellt sind.

Quellennachweise:

1 Strackerjan, Chr. Fr.:
Beiträge zur Geschichte der Stadt Jever, 1836

2 Fissen, Karl:
Tausend Jahre Jever, 400 Jahre Stadt, S. 124

3 Lübbing,Dr. Hermann, Staatsarchivdirektor a. D., Oldenburg, ehemaliger Leiter des Staatsarchivs Oldenburg und bekannter Fachmann der Heraldik

4 Sello, Georg:
Oestringen und Rüstringen, Studien zur Geschichte von Land und Volk, Oldenburg 1928

5 Jever, in: Nds. Städtebuch, herausgegeben von E. Keyser, Stuttgart 1952,
Deutsches Städtebuch Band III: Nordwestdeutschland I,

Autor: Ingo Hashagen,
ehemaliger Stadtdirektor der Stadt Jever