Hessen

Stadt Lauterbach (Hessen)

In blauem mit goldenen Lilien übersätem Felde der alte Buchonische Ritterheilige St. Simplicius in silbernem Kettenpanzer mit weißem Panzerhemd, mit der Rechten auf seinen Schild gestützt, hinter dem ein Schwert steht.
Dieser kleine Schild zeigt in rotem Felde aus grünem Dreiberg wachsend 3 grün gestielte und beblätterte silberne (weiße) Lilien.
Mit der Linken hält der Ritter eine Turnierfahne mit Bild und Farben des kleinen Schildes.

1) Das Lauterbacher Stadtwapen, das auf dem selten alten Stadtsiegel von 1272 erstmals vorkommt und dessen Petschaft sich im Stadtarchiv in Lauterbach befindet, soll in Zukunft in untenstehender Form in folgenden heraldisch richtigen Farben als Stadtwappen geführt werden. Es zeigt in blauem mit goldenen Lilien übersätem Felde den alten Buchonischen Ritterheiligen St. Simplicius in silbernem Kettenpanzer mit weißem Panzerhemd, mit der Rechten auf seinen Schild gestützt, hinter dem ein Schwert steht. Dieser kleine Schild zeigt in rotem Felde aus grünem Dreiberg wachsend 3 grün gestielte und beblätterte silberne (weiße) Lilien. Mit der Linken hält der Ritter eine Turnierfahne mit Bild und Farben des kleinen Schildes. Dies Wappn ziert auch die neue Stadtfahne in den alten Stadtfarben blau-weiß-gold, die dem Wappen entnommen sind und das Ratszimmer.

Was die Bedeutung und Geschichte dieses Stadtwappens betrifft, so sei bernerkt, daß die 3 Lilien des Simplicius in dem Wappen Fuldas selbst und zahlreicher fuldischer Städte (z.B. Hammelburg, Geisa) und auf Münzen wiederkehren, in dem Lauterbacher Wappen jedoch soweit ich sehe, urkundlich zum ersten Mal.

Simplicius und Faustinus waren 2 heilig gesprochene Ritter Buchoniens, deren Gebeine in der Bonifatiusgruft beigesetzt wurden und deren Statuen am Dome zu Fulda stehen. Von diesen-genoß Simplicius eine besondere Heiligenverehrung. Der Tag Sankt Simplicii war einer der 4 „Hochgeziethen“ des Fuldaer Landes (St.Bonifatius, St. Simpl., Allerheiligen und Palmsonntag. Die Kirche in Hainzell war beiden Heiligen geweiht. Im Jahre 1492 stiftete Abt. Johann II., Graf von Henneberg sogar einen Simplicius-Ritterorden. Das Ordenszeichen war eine silberne Kette mit den Buchstaben SS, auf den Zwischenblättchen die Worte der 12 Glaubensstücke in Reimen, in der Mitte das Lilienwappen, oder Bild und Namen des Ordenspatrons, und weitere 7 Kettlein mit Klöppeln zum Gedächtnis der 7 Gaben des heiligen Geistes. So oft ein Mitglied die Kette trug, mußte es täglich das Pater noster, Ave Maria und den Glauben beten. Der Orden hielt sein Kapitel jährlich am Bonifatiustag in der Stiftskirche. Besuch der Messe, Opfer und Almosen gehörte zu den besonderen Ordensregeln. Für jedes Ordensmitglied über 7 Jahre sollten in 350 Benediktinerklöstern Seelenmessen gelesen werden.

Zur Deutung des Lauterbacher Stadtwappens wäre das Augenmerk zu richten auf die sowohl in dem Simpliciuswappen als dem Lauterbacher Wappen in gehäufter Anzahl vorkommende Lilie. Die heraldische Lilie, bestehend aus drei großen Blättern über einem Querstück und 3 kleinen darunter ist ein uraltes Gottheits-, Königs- und Rechtssymbol, 3 Begriffe, die ja eng zusammengehören. Sie bedeutet das göttliche Urlicht und findet sich schon bei den Ägyptern als Emblem des Uranus und auf Königskronen, später bei den Römern und Etruskern, bei den Merowingern und auf den Kronen und Sceptern der Byzantiner sowohl als der deutschen, dann der französischen und englischen Könige. Während das deutsche Hoheitszeichen der Ar wurde, wurde die Lilie das französische, der Waffenrock König Ludwig des Heiligen war mit Lilien übersäht. St. Simplicius ist das buchonische Gegenstück zu diesem Heiligen. Das Verleihen einer Königslilie in ein Adelswappen galt bei den Franzosen als eine hohe Auszeichnung. Die Lilie als Gottheitssymbol zeigt sich in der Zeit von 1300 – 1500 oft als Kreuznimbus um das Haupt des Gekreuzigten und wurde später das Reinheitssymbol der Maria, als Königssymbol krönt sie das Scepter, das zugleich Rechtsstab ist. Die Lilien im Lauterbacher Wappen besagen also, daß hier, durch Stadtfreiheit verbürgt, das Königsrecht gesprochen wurde von dem obersten Lehnsträger, dem Abt, ohne Zwischeninstanzen (Adelige Vögte). Tatsächlich war das Lauterbacher Gericht das oberste Zentgericht (Landgericht) der ganzen Gegend, die Stadt aber unterstand nicht den Vögten, sondern hatte ein eigenes Stadtgericht. Das Alter der Lauterbacher Gerichtsstätte reicht über Karl den Großen zurück, denn bei der Gründung von Schlitz 812 gab es schon eine Lauterbacher Mark, die 812 mit der von Schlitz verschmolzen wurde.
Knott
Auszug aus d. „Geschichtsblätter für den Kreis Lauterbach“ Januar/Februr 1914, 3. Jahrgang – Nr. 1/2.

2) 1266 verlieh der Abt von Fulda als Landesherr der von ihm ernannten Stadt Lauterbach ein Spiegel mit dem Bild des Simplicius. Dieses diente als Stadt- und auch als Gerichtssiegel. Es ging verlustig und wurde um 1500 durch ein neues ersetzt. Statt der Lilien befinden sich drei Türme im Wappen, im Schild des Ritters, damit vielleicht die Staatsgewalt anerkennend. Zwischen den Beinen des Ritter nimmt man eine Rose wahr; es ging zu Beginn des 18. Jahrhunderts verloren, galt aber als Emblem das 19. Jahrhundert durch.

3) Mit Beginn unseres Jahrhunderts besinnt man sich wieder auf das erste Wappen, auf Simplicius mit den drei Lilien. Hermann Kramer, Kaufmann aus Fulda, ließ an der südöstlichen Hausecke seines Ziegelsteinwohnhauses eine überlebensgroße Simplicius-Figur, seinen Schutzheiligen, anbringen, im Schild trägt er drei Lilien.
Die gleichen Blumen des alten Wappens finden z. gleichen Zei t -1900- andersartige Beachtung. Über der Eingangtür der neu erbauten Realschule wurde ein Dreililienstein angebracht, das Schulgebäude auch das Dreililienhaus genannt. Die prinzipielle Grundfigur des gotischen Stadtsiegels zeigt auch der Marienaltar im Hohhaus-Museum.

Das alte Wappenbild wurde in dem Amtsstempel der Stadt Lauterbach 1937 aufgenommeno

Am 02. August 1950 legte der Gemeinderat der Stadt Lauterbach Figur und Farbgebung des Stadtwappens fest, die auf das älteste Siegel Bezug nimmt.

1966 und 1991 ließ die Stadt Lauterbach zur Wiederkehr des 700- und 725-jährigen Gründungsjahres Gedenkmünzen prägen, deren eine Seite das alte Wappen trägt.
Karl-August Helfenbein.