Hessen

Stadt Büdingen

In Gold eine rot gequaderte Zinnenmauer mit schwarzem Tor und goldenem Gatter, hinter der ein zweistöckiger, im oberen Stockwerk mit einem silbernen Schild mit zwei schwarzen Balken belegter, toter Turm hervorwächst, beiderseits mit zwei gleichen, jeweils schwarze Balken auf Silber enthaltende Fahnen besteckt. Der Turm ist begleitet von zwei ebenfalls aus der Zinnenmauer herauswachsenden einstöckigen, roten Zinnentürmen, enthaltend, wie der Mittelturm im unteren Stockwerk, je eine Schießscharte.

Das Büdinger Siegelbild als Wappen der Stadt

In einer Urkunde des Jahres 1287, die sich auf einen Rechtsvorgang des Jahres 1258 bezieht, werden neben anderen Burgen und Städten ausdrücklich die Burg (castrum) Büdingen und die Stadt (oppidum) genannt.
1317 wird Büdingen „villa“ (Dorf) und 1321 „Stadt“ genannt. Man nimmt an – und namhafte Forscher tun das noch –, daß der Ort in der Zwischenzeit „Stadtrechte“ erlangt hatte.
Luther von Ysenburg, Herr zu Büdingen, der damalige Stadtherr, stand im Königsstreit vermutlich auf der Seite Friedrichs des Schönen. Er unterwarf sich wohl erst nach dem Tode des Pfalzgrafen Rudolf 1319.
In den Stadtrechtsverleihungen König Ludwigs des Bayern bzw. des Kaisers Ludwig ist nicht bezeugt, ob er und sein Hof in der Rechtsauffassung zwischen Stadt- und Marktrecht unterschieden haben; denn 1330 erhält Luther von Ysenburg für seine Stadt Büdingen unter anderen Rechten das Marktrecht. In der Kaiserurkunde, die am 26. Juni 1330 in Hagenau ausgestellt wurde, wird Büdingen ausdrücklich Stadt genannt, d. h. mit anderen Worten, daß der Stadtherr Luther Herr von Ysenburg bereits Stadtrechte für Büdingen besaß. Büdingen muß also bereits vor 1330 Stadtrechte gehabt haben.
Das Waldweistum von 1380, das sich seinem Inhalte nach auf Rechtsvorgänge zu Beginn des 14. Jahrhunderts bezieht und auf Grund der Strafrechtsnormen noch wesentlich älter ist, nennt die Bewohner um die Burg Büdingen und wohl auch die Leute in der heutigen „Kellergasse“ und „Hinter der Burg“ „die alden delre“. Die „delre“ – das sind die Talbewohner.
Es ist anzunehmen, daß das Büdinger Stadtrecht auf den Letzten des Büdinger Herrengeschlechts - Gerlach von Büdingen (1194-1240) - zurückgeht, der als enger Gefolgsmann des letzten Stauferkaisers Friedrichs II. für sich und seine namengebende Burg das „jus domini terrae“ in Anspruch nehmen konnte. Mit dem Aussterben der Büdinger Herrn im Mannesstamm geht das Büdinger Gericht auf mehrere Erben und nach 1258 auf die Herren von Ysenburg und die von Breuberg über.
Wie es scheint, wird in dieser Zeit nicht nur das Gericht zweiherrisch, sondern das aufkommende Gemeinwesen vor der Burg, der Wohnbereich „der alden delre“, wird aus dem Gericht des Reichsforstes Büdinger Wald herausgenommen und dem Gericht Büdingen zugeteilt.
Die Ysenburger erhalten die Burg Büdingen, hingegen beziehen die Herren von Breuberg die Burg in Ortenberg, die sie mit anderen Geschlechtern des Büdinger Erbes teilen.
Erst mit dem Aussterben der Herren von Breuberg im Mannesstamm ist das Haus Ysenburg Alleinbesitzer des Gerichts Büdingen. Erst ab dieser Zeit erlebt das aufstrebende Gemeinwesen die Fürsorge eines einzigen Stadtherrn. Die Marktrechtsverleihung an den Stadtherrn bedeutet für Büdingen die irtschaftliche Besserung. Die 1317 genannte „villa Büdingen“ – Dorf Büdingen – ist mit Sicherheit nicht identisch mit der aufstrebenden Stadt. Aus der Entwicklungsgeschichte der Stadt Büdingen wissen wir, daß das Dorf Büdingen südöstlich der Remigiuskirche gelegen hat.
Mit der Errichtung der staufischen Reichsburg jenseits der nassen Grenze der Seeme verlagert sich allmählich der Siedlungsschwerpunkt in das Vorfeld der Burg. Im 13. Jahrhundert wird dieser Siedlungsplatz von einem Graben umgeben. Nach dem Stadtwerden der „Vorburg Büdingen“ verliert das Dorf Büdingen seinen Namen und wird mit der Zeit zum „großen Dorf“. Bis ans Ende des 15. Jahrhunderts verbleibt dem „Dorf“ die Remigiuskirche als Mutter- bzw. Pfarrkirche und vermutlich auch der Versammlungsort des Landgerichts vor den Toren der Stadt.
Das älteste bekannte Stadtsiegel stammt aus dem Jahre 1353 und zeigt einen „dreitürmigen Mauerkranz mit den Ysenburger Fahnen“. In dieser Darstellung ist das Siegelbild in Büdingen des öfteren in Stein gehauen worden. Noch heute finden wir das Siegelbild der Stadt an folgenden Einrichtungen:
– Stadtschreiberhaus in dem Rathausgäßchen, Stein mit Kaffgesims und Steinmetzzeichen um 1500.
– Brunnen auf dem Marktplatz. Als Wappenhalter ist ein Löwe dargestellt, der das Doppelwappen des Hauses Ysenburg und in Wappenform das Siegelbild der Stadt hält. Das Original befindet sich im Heuson-Museum im Rathaus.
– Brunnen auf dem Sand. Er ist als Torso nur noch im Heuson-Museum im Rathaus zu sehen. Der Neustadtbrunnen aus dem 18. Jahrhundert war nach Einrichtung der Wasserleitung (1888) ein Verkehrshindernis und wurde zerschlagen. Durch das rasche Eingreifen der Fürstin Bertha konnte der Torso des Brunnens gesichert werden. Er wurde von seiten des Hauses Ysenburg in den dreißiger Jahren dem Büdinger Geschichtsverein geschenkt. Als der Oberhof durch Schenkung Otto Friedrichs Fürst zu Ysenburg und Büdingen an die Stadt gelangte, beabsichtigte man im Oberhof einen Brunnen zu installieren. Die Hauptversammlung des Geschichtsvereins schenkte deshalb 1961 der Stadt den Brunnentorso, weil dieser renoviert aufgestellt werden sollte.
– Vorstadtbrunnen. Wann der Vorstadtbrunnen abgebaut wurde, ist nicht mehr festzustellen. Sicher dürfte dies im ausgehenden 18. Jahrhundert gewesen sein. Der Brunnenstock ist zum Teil noch erhalten und befindet sich im Lapidarium des Büdinger Geschichtsvereins in der Müllergasse.
– Mit dem Neubau der städtischen Ziegelhütte, die bereits im 16. Jahrhundert urkundlich erwähnt wird, wird auch das Siegelbild, in Stein gehauen, an der Südostecke des Wohnhauses im Sockel eingebaut.
– Mit dem Bau des „Hotels Stern“ (1755-1758) – des dritten städtischen Gasthauses – wird über dem Eingang das Siegelbild mit den Bürgermeister- und Handwerkerkartuschen angebracht.
– Als man 1905 den Küchenbach verrohrte, setzte man auf dem Marktplatz einen Erinnerungsstein, der im oberen Drittel das Siegelbild der Stadt zeigt. – Das Original befindet sich im Heuson-Museum im Rathaus (Anm. des Herausgebers).
– Mit der Errichtung der Volksschule in der Brunostraße zierte man die Eingänge mit dem großherzoglich hessischen Löwen und dem Siegelbild der Stadt Büdingen.
– Mit dem Einzug des Militärs in Büdingen 1935 mußte eine neue Wasserquelle erschlossen werden. Dies geschah in den Wiesen oberhalb des Hammers. Über dem Eingang des Brunnenhauses wurde das Siegelbild der Stadt, in Stein gehauen, angebracht.
Daß Büdingen kein Wappen besaß, geht einwandfrei aus dem Stich von Braun-Hogenberg (1597) hervor. Da er das Wappen der Stadt nicht kennt, zeigt er nur das Wappen der Stadtherren und läßt das für die Stadt vorgesehene Feld frei. Auch der Büdinger Ritter – das Kleinod oder Geschmeide der Stadt – zeigt das Siegelbild des ysenburgischen Städtchens. Karl Demandt irrt, wenn er schreibt, daß auch das Schützenkleinod (Ritterkette) das Siegelbild des Büdinger Schöffenstuhls mit einem Turm zeige. Das Siegelbild des Schöffenstuhls stammt aus dem Jahre 1572. Band VII der „Büdinger Geschichtsblätter“ gibt das Siegelbild auf der Titelseite wieder. Die Umschrift des Siegels lautet: „ANNO 1572 SIGILLUM SCABINORUM BUDINGENSIUM“.
Auf der Herzkapsel der Ritterkette, in der sich einst eine Rolle mit den Namen der Ritterschützen befand, ist auf der Vorderseite der Heilige Georg, den Drachen tötend, abgebildet, auf der Rückseite neben dem ysenburgischen Wappen das Siegelbild der Stadt (1652). Vom Schöffensiegel, das, senkrecht geteilt, heraldisch links die ysenburgischen Balken und rechts einen einzelstehenden Diebsturm zeigt, ist auf der Kapsel der Ritterkette nichts zu sehen. Das Siegelbild der Ritterkapsel gleicht den Siegelbildern der Steinmetzarbeiten.
In der modernen Heraldik ist man der Auffassung, Siegelbilder nicht in Wappen zu übernehmen. Da die Stadt Büdingen, die nahezu 150 Jahre Kreisstadt war, kein Wappen hatte, wollte man alles Überschwengliche des Siegels vermeiden und meinte, das eventuelle Büdinger Wappen dürfe nur einen Turm aufweisen. Eine Fülle von eintürmigen Bildern war die Folge.
Das Siegel der Stadt Büdingen wird in der bekannten und noch heute benutzten Ausführung, abgesehen von geringen Unterschieden, die teils technisch bedingt sind, seit 1350 geführt. Damals bestand die Stadt Büdingen nur aus dem mit Mauern, Toren und Türmen umwehrten Raum der heutigen Altstadt. Als die Neustadt in den Stadtbereich einbezogen und um 1500 eine neue Festungsanlage um die Stadt gelegt worden war, hatte das entstandene Gemeinwesen noch immer kein Wappen und begnügte sich mit dem Stadtsiegel bzw. den Farben des Stadtherrn.
Als im 17. Jahrhundert nach dem Dreißigjährigen Krieg das Mitführen von Fahnen und Wappen bei Umzügen und Festlichkeiten immer stärker aufkommt, schaffen sich auch die Büdinger Bürgerschützen eine eigene Fahne an, die vor den „Ysenburgischen Farben“ einen Schild mit dem Siegelbild der Stadt zeigt. Diese im Jahre 1661 in Hanau geschaffene Fahne scheint auf Veranlassung des Grafen Wilhelm Otto (1597-1667) hergestellt worden zu sein. Neben dieser Fahne muß aber noch eine andere im Gebrauch gewesen sein; denn als 1663 die Büdinger Schützen in Birstein mit einer „rot-goldenen“ Fahne aufmarschieren, erregen diese Farben den Unwillen des Landesherrn. Sie müssen sich später für diese Farben entschuldigen, geben aber an, daß sie nichts anderes wüßten, als daß die Büdinger Farben „rot-gold“ (gelb) seien.
Die verschiedenen farblichen Wiedergaben des Büdinger Stadtsiegels haben schon früher zum Widerspruch herausgefordert. Zu Beginn unseres Jahrhunderts wurden die Farben blau und rot des öfteren benutzt, so am Hotel „Zum Stern“ „blaue Mauern im roten Feld“, so auch 1909 bei der Ausmalung des oberen kleinen Rathaussaales und bei einem Glasfenster, das 1971 bei der Renovierung abhanden gekommen ist. Des öfteren finden sich auch falsche Farbwiedergaben an kunstgewerblichen Gegenständen.
Vor nunmehr etwas mehr als zwölf Jahren stellte der Bürgermeister der Stadt, Eberhard Bauner, beim Regierungspräsidenten in Darmstadt den Antrag auf Verleihung eines Wappens an die Stadt. Das Wappen wurde nach den heraldischen Regeln dem Siegelbild nachgebildet und mit Datum vom 13. Dezember 1982 vom Innenminister des Landes Hessen genehmigt.

Büdinger Geschichtsblätter XV (1995/96) S. 30-35. Die Abbildungen sowie Fußnoten sind hier weggelassen.