Bayern

Gemeinde Altenmarkt a.d.Alz

Wappen geteilt. Oben in Rot auf grünem Dreiberg eine goldene Burg mit 2 Zinnentürmen und offenem Tore, durch das der Stamm einer über den Torzinnen sich ausbreitenden grünen Linde zu sehen ist.
Unten im grünen von einem sich deichselförmig teilenden silbernen Fluß durchzogenen Felde schräggekreuzt ein römisches Feldzeichen, das oben mit einer goldenen Schwurhand besteckt ist und ein goldenes Faszenbündel mit dem Liktorenbeil;im oberen der dadurch gebildeten Winkel sitzt auf einer mit "S.P.Q.R." bezeichneten Tafel ein goldener römischer Legionsadler, beiderseits davon die Buchstaben L und VII.
Als Schildzier schwebt über dem Schilde eine Inful mit abfallenden Bändern und einem schräglinks dahintergesteckten Krummstab. Dazu noch weißblaue Helmdecken.

Wie kam Altenmarkt zu diesem Wappen?
Im Gemeindearchiv liegt ein Eingabegesuch vom 19. Jänner 1857, in dem der damalige Gemeindevorsteher Michael Glockner, der Gemeindepfleger Clemente, der Kirchenpfleger Müller, der Bräuer Niggl und Ignatz Reininger im Namen der Verwaltung der Landgemeinde Altenmarkt "Euer königliche Majestät in allertiefster Demuth, allerunterthänigst treugehorsamst anflehen," das Dorf Altenmarkt "aus allerhöchster Huld und Gnade" zum Markte zu erheben und ihm gleichzeitig ein eigenes Wappen "zu verleihen zu geruhen". Die Bittsteller fügten "in allertiefster Demuth" das kleine Wappen des damals schon säkularisierten Klosters Baumburg als Vorlage dem Bittgesuch bei. Dieses kleine Baumburger Klosterwappen bestand aus einer Wehrmauer mit Tor, über der sich beiderseits 2 Türme erheben. Zwischen den Türmen ein aus einem Dreiberg emporwachsender Baum. Es ist im heutigen Gemeindewappen und zwar in der oberen Hälfte wiederzufinden.

Heute wissen wir, dass das Gesuch um Markterhebung abgelehnt, aber die Bitte um ein Wappen weiterbehandelt wurde. Vielleicht sollte die Bewilligung eines Wappens eine Art Trostpflaster für die wiederholte Ablehnung der Markterhebung sein.
Jedenfalls ließ die Gemeinde sich wegen eines Wappenentwurfes beraten und legte dann am 4. Mai 1874 den Entwurf bei der Regierung von Oberbayern vor und bat um Verleihung dieses Wappens. Die Regierung ihrerseits leitete den Antrag an das Königliche Staatsministerium des Innern weiter.

Das Reichsarchiv Seiner Kgl. Majestät, das in dem Verfahren gutachtlich gehört wurde, berichtete: 1342 wurden schon Bürger von Altenmarkt genannt, 1459 wurde der Ort als Markt und 1597 als Eigentum des Klosters Baumburg bezeichnet. 1818 erscheint er als Dorf.
Des Königreiches Bayern Reichsherold war von dem Wappenentwurf begeistert. Er fand die vorgelegte Zeichnung musterhaft begründet. Daraufhin erfolgte am 12. Juli 1874 der Antrag des Kgl. Staatsministeriums des Innern an den König, in dem es heißt:
"Im oberen roten Felde das Wappen des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstifts Baumburg, ein Burgtor, flankiert von zwei Türmen und dahinter stehendem Lindenbaum auf dreifachem grünem Hügel. Die Figuren des unteren grünen Feldes stellen zunächst den Zusammenfluss von Alz und Traun dar. Darüber ist zwischen einem Faszienbündel mit Beil und einem römischen Feldzeichen mit ausgestreckter Hand ein Schild mit S.P.Q.R. zum Gedächtnis, dass im Winkel zwischen der Traun und Alz, in welchem Altenmarkt liegt, einst die Römer gewirkt haben. Die Zeichen L und VII sollen überliefern, dass die siebte Legion in dieser Gegend stand. Als Schildzier ist die Inful mit Bändern gewählt, weil die Pröbste von Baumburg, deren Andenken hierdurch erhalten werden soll, diese Insignien zu führen berechtigt waren. - Die Wappendecke ist im Hinblick auf die Farben des bayerischwittelsbachischen Regentenhauses, welches dem Kloster Baumburg und somit auch dem Orte Altenmarkt seit dem Jahre 1251 immer den Schirmherrn (lies: Vogt) gegeben, blauweiß gehalten. Eurer königlichen Majestät Reichsheroldenamt hat gegen die Führung des beabsichtigten Wappens und Siegels eine Erinnerung nicht zu machen. Der Entwurf des Wappens wird von demselben als geschichtlich und heraldisch musterhaft begründet bezeichnet."

Im unteren Teil des Wappens sind also mit Ausnahme des Zusammenflusses von Alz und Traun und der wohl auf die den Herren von Baumburg einstens zustehende kleine Gerichtsbarkeit hinweisenden Schwurhand ausschließlich Insignien römischen Ursprunges enthalten:

Das Faszienbündel (auch Rutenbündel genannt), ein Bündel aus Stäben oder Ruten mit einem Beil war das Abzeichen der Liktoren, die im alten Rom sich durch dieses Abzeichen als Diener der Obrigkeit auswiesen.

Der goldene Legionsadler trägt die Aufschrift S.P.Q.R., die Abkürzung für "Senatus Populusque Romanus" zu Deutsch: "Senat und Volk von Rom" (im römischen Reich war der Senat der Rat der Alten und zugleich die höchste Regierungsbehörde).
Beiderseits dieses Adlers der Hinweis auf die römische siebte Legion, die im Gebiet von Alz und Traun stand ( L VII ).

Dem König gefiel der Wappen-Entwurf.

Die Vorlage des Kgl. Innenministeriums fand schließlich das Gefallen des Königs Ludwig II., der als Bayer. Märchenkönig in die Geschichte einging. Das Allerhöchste Signat lautet: "Genehmigt nach Antrag. Hohenschwangau, den 17. Juli 1874. Ludwig." Die offizielle Verleihung erfolgte dann mit Entschließung des Kgl. Staatsministeriums des Innern vom 25. Juli 1874 Nr. 8590.

Otto Hupp fand im Gegensatz zum Reichsheroldenamt Seiner Majestät das Wappen heraldisch unbefriedigend. In seinem Buch "Wappen und Siegel der deutschen Städte" Band 6, Seite 45, schreibt er: "Ein Professor Geiss hatte der Gemeinde Altenmarkt geraten, sich diesen gelehrten Firlefanz als Wappen verleihen zu lassen. So erhielt bei allseitigem gutem Willen das Dorf dieses merkwürdige Wappen. Die Siegel der Gemeinde zeigen das ganze Unglück."

Die Altenmarkter waren aber dennoch auf ihr Wappen stolz. Bis nach dem 2. Weltkrieg war Altenmarkt eine der sechs Gemeinden und Städte des Landkreises Traunstein, die zur Führung eines eigenen Wappens berechtigt waren:
1. Altenmarkt
2. Reit im Winkl
3. Ruhpolding
4. Schleching
5. Traunstein
6. Trostberg

Der 2. Weltkrieg verhinderte die Änderung des Wappens.
Nicht nur Hupp, sondern auch der Generaldirektor der staatlichen Archive Bayerns fand in seinem Gutachten vom 21. Mai 1938, dass das Wappen der Gemeinde Altenmarkt "ein bemerkenswertes Zeugnis für die im Laufe des vorigen Jahrhunderts immer mehr in Verfall geratene heraldische Kunst und Wissenschaft" sei. Nach seiner Ansicht ist das Wappen mit allzu vielen Einzelheiten überladen. Dadurch "wirkt es völlig unheraldisch". Die begeisterte Zustimmung des Reichsherolds sei ihm völlig unverständlich, wenn auch rein geschichtlich gesehen das Wappen nicht ohne Sinn und Beziehung wäre.

Besonders hart ging der Archivdirektor mit der Schildbekrönung (Inful, Bischofsstab
und Helmdecken) ins Gericht, weil "diese Wappenbestandteile aufs schärfste der seit
Jahrzehnten in Bayern festgehaltenen Regel der Ausstattung gemeindlicher Wappen
widersprächen."
Schließlich schlug der Archivdirektor dem damaligen Bürgermeister Wurm vor, von sich aus eine Wappenänderung zu beantragen, was schließlich mit Zustimmung des Gemeinderates (Beschluss vom 25.9.1938) auch geschah. Daraufhin fertigte im Auftrage der Gemeinde der Münchener Kunstmaler Emil Merz einen Wappenentwurf an, der die obere Hälfte des Wappens unverändert beließ, unten aber nur noch den sich deichselförmig teilenden Schräglinksbach enthielt. Alle römischen Insignien und die Schildzier ließ er weg.

Da dieser Entwurf den Vorstellungen aller Gutachterbehörden entsprach, bestand kein Zweifel daran, dass die eingeleitete Wappenänderung letztlich vom dafür zuständigen Reichsstatthalter genehmigt werden würde. Wegen des 1939 hereinbrechenden Krieges wurde aber das Genehmigungsverfahren nicht mehr fortgesetzt, weil der Herr Reichsstatthalter auf Grund der Reichsverordnung über die Verwaltungsvereinfachung in Kriegszeiten vom 30.8.1939 keine Wappenverleihungen und Änderungen mehr annehmen durfte. So kam es, dass der neue Entwurf nie genehmigt wurde, weil die Sache nach Kriegsende nicht mehr aufgegriffen wurde. Das heraldisch so heftig umstrittene Wappen aus dem Jahre 1874 gilt also auch weiterhin.

Auf die Schildzier wird stillschweigend verzichtet.

Seit dem Jahre 1952 werden die Helmdecken, Mitra und Stab als Schildzier nicht mehr im Wappen geführt, obwohl sie immer noch genehmigt sind und geführt werden dürften. Anlass hierzu dürfte die Bekanntmachung des Bayer. Staatsministerium des Innern vom 27. Juli 1928 (GVBl. 5. 366) gewesen sein, wonach im Gemeindedienstsiegel keine Zutaten zum Wappenschild mehr aufgenommen werden können. Das Landratsamt Traunstein griff im Jahre 1952 die Sache mit dem Dienstsiegel der Gemeinde auf und verlangte auf Grund der Bestimmung aus dem Jahre 1928 die Entfernung der Schildzier aus dem Gemeindesiegel. Damals erhielt die Gemeinde neue Dienstsiegel mit dem Wappen ohne jegliche Schildzier. Die alten Siegel wurden beim Bayer. Hauptmünzamt München aufgeliefert.

Leider hat nach dem Wegfall im Gemeindesiegel die Schildzier ganz stillschweigend und eigentlich ohne ersichtlichen Grund sich auch aus dem Gemeindewappen entfernt, obwohl es dort noch geführt werden dürfte, denn die Bestimmung aus dem Jahre 1928 betrifft nur die Gemeindesiegel.

So kommt es, dass auch auf der Gemeindefahne, die in den Gemeindefarben weinrot/weiß gehalten ist, nur das eigentliche Wappenschild ohne Schildzier zu sehen ist.

Die Originalzeichnung befindet sich in der Wappensammlung der Abteilung 1 des Bayer. Hauptstaatsarchives in München.

Altenmarkt, den 15. November 1968
( Hans Egner )