Baden-Wuerttemberg

Stadt Gaggenau

In Rot ein silberner Sester.

Im Jahr 1243 sprach der Bischhof von Speyer ein Machtwort in seelsorgerlichen Angelegenheiten. Dabei bezog er sich auf das Murgtal, das zu seinen Ländereien gehörte. Dieser Verlautbarung, die Schriftform erlangte, verdanken wir die erste urkundliche Erwähnung Gaggenaus, damals noch Dorf und Gaggenaw genannt. Auf frühe Zeiten – manche meinen gar auf Urzeiten, zumal auf jene der alten Germanen – weist auch das Gaggenauer Stadtwappen zurück.

Dabei kommt offenbar auch die räumliche Nähe zu Frankreich zum Tragen. Denn der Sester (französisch: Sestier) war ursprünglich ein wichtiges französisches Getreidemaß, das bereits im Mittelalter Anwendung fand. Schon im 18. Jahrhundert trugen Grenzsteine Gaggenaus dieses Zeichen, und Prägesiegel sowie Farbstempel aus dem 19. Jahrhundert sind ebenfalls mit dem Sester versehen.

Als die badischen Orts- und Gemeindesiegel Anfang des 20. Jahrhunderts umgewandelt und neu geregelt wurden, kam auch der Sester auf den Prüfstand. „Anstelle des derzeitigen bedeutungslosen Ortszeichens würde es sich für eine Industriegemeinde, wie es Gaggenau geworden ist, sehr empfehlen, Embleme der Industrie in das Ortswappen aufzunehmen“, empfahl das Großherzogliche Bezirksamt Rastatt.

Dieser Vorgabe gemäß verschwand der Sester vorübergehend aus dem Ortswappen. Statt seiner tauchten jetzt zwei neue Elemente auf: auf der einen Seite ein halbes achtspeichiges Zahnrad, auf der anderen Seite ein grünes Kelchglas. Damit waren die aufblühende Industrie Gaggenaus und die hier noch bis 1910 existierende Glashütte Symbol geworden.

Als Gaggenau 1922 Stadtrechte erhielt, zählte es an die 4.000 Einwohner. 1935 wurde Ottenau eingemeindet – ein Schritt, der auch in dem Stadtwappen Niederschlag finden sollte, erhielt doch Gaggenau 1938 ein neues Stadtwappen. Speichenrad und Glaskelch waren verschwunden und der Sester wieder auf dem Plan. Er prangte von der oberen Hälfte des schildförmigen Wappens. In der Unterhälfte war ein schwarzes Ottenauer Rebmesser angebracht.

Im Gegensatz zu diesem geteilten Schild (mit einer waagrecht verlaufenden Trennlinie) waren sowohl das ursprüngliche Wappen von Ottenau als auch jenes von Gaggenau gespaltene Schilder (mit einer senkrecht verlaufenden Trennlinie). Dementsprechend beantragte die Stadt 1958, fortan wieder einen gespaltenen Schild als Stadtwappen führen zu dürfen.

Das baden-württembergische Innenministerium stimmte dem zu. Links der Sester auf rotem Hintergrund, rechts das schwarze Rebmesser auf hellem Hintergrund: So sah das neue Wappen aus. Gleichzeitig verlieh das Landesinnenministerium der Stadt im Murgtal das Recht, eine Fahne zu führen. Sie hat die Farben weiß-rot und wehte erstmals im Wind, als das neu errichtete Rathaus 1958 eingeweiht wurde.

Doch auch dieses Wappen war dem Wandel der Zeit unterworfen. 1971 wurde Gaggenau Große Kreisstadt. Im Zuge der großen Kreisreform fanden eine ganze Reihe von Eingemeindungen statt. Jetzt zählte Gaggenau schon über 20.000 Einwohner – und das Stadtwappen wurde wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Dabei besann man sich auf die Ursprünge und kehrte zum Sester zurück. Er allein schmückt seit nunmehr 35 Jahren das Gaggenauer Wappen.

Nach wie vor gilt sicherlich, was bereits vor über sieben Jahrzehnten im Gaggenauer Anzeiger gestanden ist: „Gewiss ist es von jeher üblich gewesen, Geräte und Erzeugnisse des Gewerbefleißes im Wappen zu führen“. So gesehen hatte auch das zwischenzeitlich veränderte Stadtwappen mit Kammrad und Glaskelch seine Berechtigung. „Aber der ursprüngliche Sinn eines Wappens war doch nicht der, wie eine Schutzmarke Reklame für bestimmten Gewerbefleiß zu machen.“ Damit ist dem Sester als Wappenmotiv Gaggenaus nach wie vor seine Legitimität ausgesprochen.


Gaggenau ist seit 1971 Große Kreisstadt. Ottenau war 1935 eingemeindet worden. 1970 folgten Bad Rotenfels und Selbach. Freiolsheim mit Moosbronn und Mittelberg wurden 1971 Teil Gaggenaus, Oberweier 1972, Sulzbach 1973. Hörden und Michelbach gehören seit 1975 zu Gaggenau. Obwohl die früher selbständigen Gemeinden in der Großen Kreisstadt aufgegangen sind, haben sie doch jeweils ihre eigene Geschichte und eine eigene Identität.
Diese Identität ist nicht zuletzt ersichtlich anhand der einzelnen Wappen, mit denen sich die Ortsteile bis heute schmücken. In ihnen ist die Geschichte der Stadtteile brennpunktartig Symbol geworden. Diese Geschichte hat uns heute noch viel zu sagen, zeugt sie doch von der Vielfalt, die Gaggenau auch in heraldischer Hinsicht zu bieten hat.


Zur Stadt Gaggenau gehören folgende Stadtteile.
Bad Rotenfels, Stadtteil
Freiolsheim, Stadtteil
Hörden, Stadtteil
Michelbach, Stadtteil
Oberweier, Stadtteil
Ottenau, Stadtteil
Selbach, Stadtteil
Sulzbach, Stadtteil

Eine Übersicht dieser Stadtteile finden Sie auf dieser Wappenübersicht.